Was haben Angela Merkel und Nero gemeinsam? Ist nicht Nero der römische Kaiser, dem Kunst über alles ging, der seine Mutter getötet hat, dem nachgesagt wird, Rom in Brand gesteckt zu haben? Für die Schüler der Latein-AG Lingua Latina Profunda des Ravensberger Gymnasiums in Herford haben sich in der letzten Schulwoche vor den Sommerferien durchaus Parallelen eröffnet: Bei ihrer Exkursion nach Köln begaben sich die zehn Schüler auf die Spuren antiker Stadtüberreste, unternahmen aber auch einen Streifzug durch die Ikonographie der römischen Kaiser.

Die zehn AG-Teilnehmer aus den Jahrgangstufen 8 und 9 vertiefen seit Halbjahresbeginn ihre Kenntnisse über die lateinische Sprache und die antike Kultur. Ziel ist es unter anderem, die leistungsstarken Schüler auf die Teilnahme am Bundeswettbewerb Fremdsprachen im Fach Latein vorzubereiten. Dabei ist auch immer die inhaltliche Auseinandersetzung mit einem kulturellen Rahmenthema verbindlich. Daher hat sich die AG im Laufe des Halbjahres unter anderem mit Caesars Adoptivsohn Octavian beschäftigt, dem späteren Kaiser Augustus.

In Köln hatten die Schüler nun die Gelegenheit, sich Augustus und dem von ihm geschaffenen Prinzipat weiter zu nähern: Im Römisch-Germanischen Museum verfolgten sie eine Führung zur augusteischen Ideologie und zum Kaiserkult. Dabei lernten die Schüler, dass die antiken Kaiserdarstellungen stets als Idealisierung aufzufassen sind. Und auch die Nachfolger des Augustus auf dem Kaiserthron nutzten Abbildungen als Mittel der Propaganda, wie anhand von antikem Material veranschaulicht wurde. So konnte der Museumsführer immer wieder einen Bogen von der Antike in die Gegenwart spannen: Denn genau wie Nero, Augustus, Hadrian und anderen geht es natürlich auch heute Politikern oft um eine gelungene mediale Inszenierung und Selbstdarstellung.

Doch die Schüler waren nicht nur im Römisch-Germanischen Museum unterwegs auf den Spuren der Römer. Den Einfluss der antiken Großmacht auf die Entwicklung der Stadt Köln konnten die AG-Teilnehmer im Praetorium erleben, dem Sitz des römischen Statthalters in der Antike. Die Führung vermittelte dabei nicht bloß Wissen über die noch erhaltenen Überreste der Stadtmauer. Die Schüler durften auch zu einem besonderen antiken Ort hinabsteigen, nämlich in den noch erhaltenen Teil eines römischen Abwasserkanals.

Auf diese Weise will die AG Lingua Latina Profunda auch im kommenden Schuljahr römische Kultur und lateinische Sprache anschaulich machen und abwechslungsreich näherbringen.

Jan Hirscher, Lateinlehrer am Ravensberger Gymnasium (Herford)